TV-SKRIPTE

« zurück


Entlastung bei Öl- und Pellettheizungen
Noch keine Kohle
Die Gaspreisbremse gibt es. Auch die Strompreisbremse. Wer mit Öl, Flüssiggas oder Pellets heizt, schaut hinsichtlich staatlicher Entlastung bisher aber in die Röhre, obwohl der Bundestag vor genau zwei Monaten auch hier Hilfe beschlossen hat. Doch wirklich passiert ist seitdem nichts.
» lesen

Russischer Investor am Flughafen Frankfurt-Hahn
Landen oder Durchstarten in die nächste Warteschleife?
Über den Verkauf des Regionalflughafens Frankfurt-Hahn an einen russischen Oligarchen entscheidet am Nachmittag eine Gläubigerversammlung. Die Bundesregierung muss dann den Verkauf genehmigen.
» lesen

Energiekrise
Gefährlich erfinderisch
Die Angst vor Gas-Mangel, Stromausfällen und gestiegenen Energiekosten lassen Verbraucher beim Heizen erfinderisch werden. Doch Fachleute schlagen Alarm: Viele Heiz-Ideen sind brandgefährlich.
» lesen

Früh übt sich...
Journalimus aus Kinderhänden
Für Journalismus begeisterte ich mich schon als Kind. Das Resultat: die Grundschulzeitung "Jugendpost"
» lesen

10 Jahre Stickoxidalarm in Städten

Luft-Druck und Lüftchen

Vor zehn Jahren hatte die EU-Kommission keine Geduld mehr mit Deutschland: Nachdem Städte lange verschleppten, die Luft ihrer Einwohner sauberer werden zu lassen, erhöhte Brüssel den Druck. Doch für weniger Stickstoffe sorgten andere.

(28.02.2023) In dem Land, in dem das Auto erfunden wurde, schenkte auch an jenem Donnerstag erneut kaum jemand der EU-Umweltpolitik Aufmerksamkeit: Am 28. Februar 2013 ruft die EU-Kommission für 33 deutsche Städte eine Art Stickstoff-Alarm aus. Sie lehnt es ab, Fristen für das Einhalten von Stickstoffdioxid-Grenzwerten zu verlängern. Die Obergrenzen sollen endlich, heißt es damals aus Brüssel, notfalls auch mit drastischen Mitteln eingehalten werden. Dazu gehören für den damaligen EU-Umweltkommissar Janez Potocnik höhere Parkgebühren, strengere Umweltzonen, niedrigere Tempolimits oder eine Verbannung von mehr als zehn Jahre alten Autos aus den betroffenen Städten. Keine vollumfänglich freie Fahrt für freie Bürger mehr!

Riesiges Maßnahmenpaket

Brüssel Geduldsfaden scheint gerissen: Zu lange lieferten deutsche Behörden keine Nachweise, dass sie die Luftqualität in den nächsten Jahren wesentlich verbessern können. Derweil stammt die dreckige Luft in den Innenstädten vor allem aus Emissionen des Straßenverkehrs, insbesondere aus Stickstoffdioxid (NO2) von Diesel-Fahrzeugen. Es ist wie Feinstaub ein gesundheitsgefährdender Schadstoff und dringt durch Türen, Fenster und Ritzen in die Schlafzimmer und Wohnstuben der Anwohner von Straßen.

So auch in Mainz „mit hoher Verdichtung und engen Straßenräumen“, wie es Fachleute beschreiben. Die Bundesstraße 40 führt durch die Innenstadt, mitten auf ihr zwischen zwei Fahrbahnen mit bis zu 20.000 Autos am Tag und umgeben von vielen Fußgängern steht die Luftmessstation Parcusstraße. Ihre Fühler maßen nach Angaben des Umweltbundesamts mehrmals Werte jenseits des von der EU vorgegebenen Grenzwerts von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid je Kubikmeter Luft.

Bis zum Jahr 2020 – seitdem werden die Grenzwerte nicht mehr gerissen. Die Stadt führt das auf ein riesiges Maßnahmenpaket zurück, den ”Green-City-Masterplan M³”: genauere Verkehrsmessung mit Lkw-Zählstellen und Analyse des Radverkehrs; mehr Elektromobilität im Busverkehr und städtischen Fuhrpark; Umbauten an Ampeln für besseren Verkehrsfluss mit Zuflussdosierung aller Einfallsstraßen; und die für die meisten Mobilisten spürbarste Veränderung: Tempo 30 in der City.

Mainz scheint gesünder

So fahren in Mainz seit Juli 2020 motorisierte Verkehrsteilnehmer nicht durch die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt, sie schleichen: Mit 30 km/h rund um die Uhr im kompletten Innenstadtbereich. In der Folge verringerten sich die Luftschadstoffe in der Mainzer Luft, vor allem der Ausstoß von Stickoxiden und Feinstaub sank jeweils um rund ein Fünftel. Nur die CO-2-Belastung verringerte sich kaum.

Weniger Geschwindigkeit sorgte für weniger Emissionen – nicht nur bei NOx und NO2: Auch Lärm wurde leiser, weil der Verkehr mehr rollt als rast. Und die Unfallzahlen sanken: Während bei Tempo 50 der Bremsweg knapp 30 Meter beträgt, braucht ein Pkw bei 30 km/h weniger als die Hälfte zum Stillstand. ”Für uns in Mainz bedeutet Tempo 30 einfach einen Mehrgewinn an Lebensqualität in der Innenstadt, weil es einfach leiser geworden ist, sauberer geworden es ist sicherer geworden”, resümiert die Verkehrsdezernentin der Stadt Mainz, Janina Steinkrüger von den Grünen. Mainz scheint gesünder als vor zehn Jahren.

Statt Druck nur Lüftchen

Ähnlich geht es 30 weiteren Städten. Nur noch München und Essen weisen Stickstoffbelastung über den Grenzwerten auf. Demensprechend stolz klingt auch Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages: ”Die Städte unternehmen viel für saubere Luft. Die Erfolge sind klar zu erkennen: Seit nunmehr fünf Jahren werden die Feinstaubgrenzwerte überall eingehalten. Und die Belastung mit Stickoxid sinkt weiter.“

Doch zu diesem Glück zwang die Stadtpolitiker nicht jener EU-Umweltkommissar, als er 2013 für dicke Luft zwischen EU und dem Autofahrerland sorgte. Denn der Luft-Druck aus Brüssel wirkt, bis er in deutschen Ballungsräumen ankommt, nur wie ein Lüftchen: Obwohl kurz nach dem Stickstoff-Alarm das Vertragsverletzungsverfahren begann, verurteilte der Europäische Gerichtshof Deutschland erst 2021. Statt EU waren es deutsche Gerichte, die schneller für saubere Luft urteilten.

Tempo 20 statt Tempo 30

”Die Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission sind langsam und schwerfällig“, schildert Steffen Preuninger, Sprecher der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Dass Städte wie Mainz die Grenzwerte nicht mehr reißen, sei das Resultat der umfangreichen Klagen der Deutschen Umwelthilfe: ”Hätten wir auf die Wirkung des Vertragsverletzungsverfahrens der EU gewartet, wäre die Luftqualität in Deutschland noch deutlich schlechter.“

Auch die Mainzer Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger erklärt damit die Entdeckung der Tempo-30-Langsamkeit: ”Hauptauslöser war damals tatsächlich die Klage der Deutschen Umwelthilfe, dass Mainz die Stickoxidwerte nicht eingehalten hat.” Das Gerichtsverfahren machte ihrer Behörde Beine: Die Erarbeitung jenes „Green-City-Masterplans M³“ erfolgte in nur fünf Monaten.

Ob Mainz und die anderen Städte ihre Maßnahmen-Kreativität noch verstetigten können? Mit so etwas wie Tempo 20 statt Tempo 30 in der Innenstadt? Das wird vielleicht dringend nötig. Denn die EU-Kommission schlug im Herbst vor, den Grenzwert für die Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2) künftig zu halbieren, also nur noch 20 statt 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft. Mehr als die Hälfte aller deutschen Messstationen würde dieses Limit überschreiten – auch diejenigen in Mainz.

Damit droht dann dieselbe Ausgangslage mitsamt Fahrverboten wie vor zehn Jahren. Zurück auf los aus gutem Grund: Nach Angaben der EU-Kommission sterben jedes Jahr 300.000 Europäer frühzeitig. Sie atmeten schmutzige Luft.

» nächster Artikel

Letzte Aktualisierung: 28.3.2024

» Zufallstext

» nächster Text





Im Magazin:

70 Jahre Deutscher Gewerkschaftsbund
Auf dem Trittbrett zum Tarifabschluss
Der Deutsche Gewerkschaftsbund wird 70 und feiert das mit einem Festakt in Berlin. Die Freude trübt, dass nicht mal jeder fünfte Arbeitnehmer Gewerkschaftsmitglied ist. Die Gründe dafür sind vielfältig.
» lesen

Gesichtserkennung am Bahnhof
Vom Flop der Foto-Fahndung
An einem Berliner Bahnhof erproben Sicherheitsbehörden derzeit automatische Gesichtserkennung bei Fahrgästen. Das Projekt soll Terror verhindern helfen. Vor gut zehn Jahren lief ein gleiches Projekt in Mainz - und floppte.
» lesen

Tag der Pressefreiheit
Grundrecht unter Druck
Beschimpfungen, Verleumdungen oder Gewaltandrohungen schaden der Pressefreiheit in Deutschland. Die Journalisten kämpfen aber auch gegen wirtschaftlichen Druck. Helfen kann dabei nur ihr größter Profiteur: die Gesellschaft.
» lesen


Kisch, kisch! Kusch, Kusch? Und eine kleine Killerbestie?
Prozess gegen leinenfaule Hundehalterin führte zur Verurteilung
» lesen

jaso°press
mehr JASO im jasoweb.de
Impressum