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Letzte Aktualisierung: 18.4.2024

• Umstrittene Studie: Tötungen in Gesundheitsberufen

Sendedatum: 30.03.2017 • Format, Länge: Rep 3:49 • Sender: ARD

Nils H., der dutzende Patienten getötet haben soll: Es war der bisher spektakulärste Fall eines Serienmordes in Krankenhäusern. Wie oft Helfende zu Tötenden werden, hat der Psychiater Karl H. Beine in einer Studie untersucht. Mit erstaunlichem Ergebnis.

Im Winter vor einem Jahr sollen in einem Pflegeheim im pfälzischen Lambrecht drei Pfleger versucht haben, eine 85 Jahre alte Frau zu töten – mit einer Überdosis Insulin. Als sie nicht stirbt, soll ein Pfleger sie schließlich mit einem Kissen erstickt haben. Alle drei sitzen in Untersuchungshaft, ein Pfleger hat teilweise gestanden und die Kollegen belastet.

Psychiater Karl Beine forscht seit 25 Jahren zu Tötungen in Gesundheitsberufen. Für das Sachbuch "Tatort Krankenhaus" befragte er nun 5000 Ärzte und Pfleger. Er fragte sie: "Haben Sie selbst schon einmal aktiv das Leiden von Patienten beendet?"

Darauf antworteten fast dreieinhalb Prozent (3,4%) der Ärzte mit ja. Bei den Altenpflegern waren es sogar 5 Prozent. Klingt wenig, hochgerechnet bedeutet das laut Beine aber 21.000 Tötungen im Jahr durch Beschäftigte, die eigentlich um das Wohl der Menschen bemüht sein sollen.

O-TON Prof. Dr. Karl H. Beine, Psychiatrie Private Universität Witten/Herdecke: „Auf der einen Seite sind es spezifische Täterpersönlichkeiten, besonders selbstunsicher. Auf der anderen Seite sind es besondere Arbeitsbedingungen, hoher Arbeitsdruck, fehlende Achtsamkeit, fehlende Aufsicht von Vorgesetzten, die dann zu solchen entsetzlichen Taten führen können.“

Was am Anfang davon stehen kann, schildert ein Pfleger. Er will nicht erkannt werden, wenn er von seinem ehemaligen Arbeitgeber berichtet. Dort habe es oft am Pflegepersonal gefehlt.

O-TON Pfleger (anonymisiert): „In der Pflegeplanung stand oft drin, der Bewohner wird einmal wöchentlich geduscht. Aber das hat manchmal über Wochen hinweg wegen Personalmangels nicht stattgefunden. Leute, die wo eingestuhlt waren, die wurden einfach liegen gelassen, weil die Zeit fehlte."

Was dann folgt: Mitarbeiter stumpfen ab, manche werden auch gewalttätig. Schauen Kollegen und Vorgesetzte dann weg, droht ein Teufelskreis.

Wie im Fall von Nils H. Wie viele Menschen der Krankenpfleger in den Kliniken Delmenhorst und Oldenburg tötete? Bis heute unklar. Vor zwei Jahren das Urteil lebenslange Freiheitsstrafe für zumindest zwei Morde. Doch noch immer vermuten Ermittler dutzende weitere Opfer. Deren Todesfälle liegen Jahre zurück.

Aber selbst unmittelbar nach dem Versterben eines Menschen können die Gründe dafür unentdeckt bleiben.

O-TON Prof. Dr. Reinhard Urban, Rechtsmediziner Universitätsmedizin Mainz: „Weil es natürlich sehr diskrete Befunde gibt, die auf etwas hindeuten könnten, und wenn man da die Ausbildung nicht dauernd auffrischt und eigentlich oft Leichenschauen macht, ist das leicht übersehbar."

O-TON Prof. Dr. Rolf D. Hirsch, Alterspsychologe: „Solange nicht jeder Arzt, der eine Leichenschau macht, eine klare Ausbildung oder Fortbildung in dieser Richtung verpflichtend haben muss, wird sich’s nicht verändern."

Doch die Deutsche Stiftung Patientenschutz hegt ihre Zweifel daran, dass das alles zu 21.000 Tötungen führt, wie es das Buch von Karl Beine glauben mache.

O-TON Herbert Möller, Deutsche Stiftung Patientenschutz: „Dass diese Zahl jetzt im Raum ist, ist doch ein bisschen reißerisch. Wenn man sich überlegt: Wenn ein Patient heute oder in den nächsten Tagen oder Wochen ins Krankenhaus geht, professionelle Hilfe sucht und plötzlich mit so einer Zahl konfrontiert wird: Es verunsichert sehr und schürt Panik. Aber eigentlich gibt es auf Grundlage dieser Zahlen keinen Anlass zur Panik."

Sicherlich sei seine Erhebung nicht repräsentativ, sagt Karl Beine. Das Ergebnis aber belege einen Trend und sollte die Politik alarmieren.

O-TON Prof. Dr. Karl H. Beine, Psychiatrie Private Universität Witten/Herdecke: „Die Arbeitsbelastung ist in aller Regel so groß, dass jeder einzelne Mitarbeiter froh ist, wenn er seine eigene Schicht heile zu Ende bringt. Er guckt nicht rechts, er guckt nicht links, und das ist ein ideales Terrain dafür, nicht zu entdecken, wenn jemand entgleist, wenn jemand der Kontrolle entgleitet und gefährliche oder gar kriminelle Sachen macht.“

Im Zuge der Ermittlungen im Altenheim von Lambrecht hat die Staatsanwaltschaft konkrete Hinweise auf mindestens ein weiteres Todesopfer. Die Ermittlungen dauern noch an.



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