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Sendedatum: 06.11.2014 • Format, Länge: Rep 3:10 • Sender: ARD

Frühkindliche Förderung ist ein Ziel der Kita-Politik. "Schön wärs! Was wir hier machen hat damit nichts zu tun", heißt es in Kindertagesstätten. Ein Kita-Qualitätsgipfel soll nun Abhilfe schaffen. Das der dringend nötig ist, zeigt eine Reportage aus Alzey.

ATMO „Hallo, hallo!“

Kinder sind Glück. So gesehen hat Sabine Hall als Kita-Leiterin im rheinland-pfälzischen Alzey ziemlich viel davon. Aber fast jeden Morgen das gleiche Problem mit dem vielen Glück: Es gibt zu wenige, die sich darum kümmern können. Es fehlt an Erzieherinnen. Eine Teilzeitstelle ist hier so gut wie immer ausgeschrieben. Und dann ist da noch der Krankenstand zu managen.

ATMO „Die Olecia ist krank, die kommt nicht heute. Wie ist das mit der Pause heute Mittag?" - "Ja, die Pause bekomme ich dann um halb zwei." - "Wieviele Kinder habt ihr heute?" - "Heute haben wir 14." - "14?"

Vielleicht kommt heute noch die Nachricht eines weiteren Ausfalls. Aber Krankenstand ist nur ein Problem. Zu viele nur befristete Verträge, deshalb oft Personalwechsel, ungeeignete Bewerbungen, gleichzeitig Konkurrenz mit anderen Kitas um die Kandidaten: Viele Herausforderungen – und da ist der kreative Kinderkopf noch nicht mal eingerechnet.

ATMO „Kinder stecken auch gern mal Toilettenpapier ins Klo. Samt Rolle.“

Alltagsprobleme einer Kindertagesstätte: Sie sind sicher nicht neu. Die Politik hat sie aber verschärft. Denn sie schuf den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz. Aber keine neuen Erzieherinnen. Laut Fachleuten fehlen 120.000 Erzieherinnen in Deutschland. Für eine hochwertige Betreuung sollte auf drei Kinder eine Erzieherin kommen. Das ist fast nirgendwo der Fall.

O-TON Nadia Siddiqi, Kinderpflegerin: „Man kann sich nicht teilen, man wird nie jemandem gerecht. Weder den Kindern, weder der pädagogischen Arbeit, noch den Eltern, noch einem selbst.“

O-TON Sabine Hall, Leiterin ev. Kindertagesstätte Martin-Niemöller-Weg Alzey: „Was wir im Moment haben, ist nicht mehr schön. Und der Hauptanteil meiner Arbeit im Moment ist: Wie komme ich an Personal, wie wird der Dienstplan gestaltet.“ - "Wo bleiben da die Kinder?" - "Genau! Das ist die Frage und darüber diskutieren wir in jedem Team: Wo bleiben eigentlich die Kinder. Wo bleibt eigentlich unser Auftrag. Bildungs- und Erziehungsempfehlungen sind erstmal an die Seite gelegt."

Bildung und Erziehung an die Seite gelegt? In Dänemark undenkbar. Das Land gilt als Musterbeispiel für frühkindliche Bildung. 60 Prozent der Erzieherinnen dort haben ihren Beruf in einem Studium erlernt. Bei uns sind es nur vier. Das Studium machte den Beruf attraktiv. Ein Vorbild für Deutschland?

O-TON Sabine Hall, Leiterin der evangelischen Kindertagesstätte Martin-Niemöller-Weg Alzey: „Ich glaube, das würd den Hungerlohn wer neu anfängt.“

Qualität kostet Geld. Diese Erkenntnis in der Kita-Politik ist eines, was sich Erzieherinnen wie Sabine Hall vom Kita-Qualitätsgipfel erhoffen. Doch dann ein Anruf: Eine schwangere Mitarbeiterin darf ab sofort nicht mehr arbeiten, weil ihr eine Impfung fehlt. Die Erzieherinnen der Kita in Alzey werden sich die kleinen also wieder neu aufteilen müssen.