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Sendedatum: 26.08.2009 • Format, Länge: Rep 1:35 • Sender: SWR

Es war einmal ein Lehrer. Richard Schirrmann hieß er und er ging mit seiner Schulklasse acht Tage wandern. In der ersten Nacht war die Gruppe noch in einer Scheune untergekommen, wo ein freundlicher Bauer sie mit Decken versorgte und Pflaumen und frische Milch spendete. In der zweiten Nacht aber braute sich ein Gewitter zusammen: Von Bauern abgewiesen, erlaubte erst spät in der Nacht eine Lehrersfrau, in der wegen der Ferien leerstehenden Schule unterzukommen. Während die wandermüden Jungen fest schliefen, lag Richard Schirrmann hellwach. Und dabei erfand er die Struktur der Jugendherberge. Billige Unterkünfte für die Jugend, immer eine Tagestour voneinander entfernt. Und jene Nacht war heute vor 100 Jahren.

Rapunzel hätte ihre helle Freude gehabt. Den Gästen der Jugendherberge verlangte der runde Turm von Andernach aber einiges ab: Geduscht werden musste draußen in der Kälte. Das Wasser war auch nicht viel wärmer. Und die Herbergseltern führten ein hartes Regiment in den Häusern. Trotzdem waren Jugendherbergen ein durchschlagender Erfolg. So sehr, dass sich in den 60-er Jahren Herbergseltern aus der ganzen Welt die deutsche Erfindung abguckten - wie hier von der Jugendherberge Burg Stahleck bei Bacharach. Aus Dank gab es dann auch mal eine Karate-Vorführung.

Zu wenig Service, veraltete Schlafräume führten dann in den 80-er Jahren zum massiven Besucherrückgang. Die Jugendherbergen reagierten und modernisierten ihre Häuser: Helle Räume, draußen im Hof Sportgeräte und das eigene Bad für wenig Geld. Für das seelische Wohl wurden Partyräume eingerichtet und die Nachtruhe lockerer gehandhabt. Die "JuHe" hatte den Imagewechsel vollzogen und wurde zum Dienstleister. Mittlerweile veranstalten viele Häuser umfangreiche Programme mit viel Erlebnispädagogik für die ganze Familie.

O-TON Jacob Geditz, Vorstandsvorsitzender „Die Jugendherbergen in Rheinland-Pfalz und Saarland“

Fast eine Million Übernachtungen zählten die Jugendherbergen im Land vergangenes Jahr. Ein Drittel der Gäste: Familien. Denn sie schätzen gegenüber Hotels vor allem, dass der Nachwuchs - fast so viel wie er will - toben kann.