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Neue Hotels trotz Wohnraummangel

Gut gebettetes Geld

Obwohl viele Städte über zu wenig Wohnungen klagen, entstehen gleichzeitig neue Hotels. Der Grund liegt in Profit-Streben – nicht nur von Investoren, sondern auch von Städten.

(19.02.2025) Für den normalen Reisenden, der von „Hospitality-Architektur“ und ihrer „durchgängigen Materialität mit regionalem Bezug“ keine Ahnung hat, sind Hotelneubauten meist kaum zu unterscheiden: nüchterne Fassaden mit monotonen Fensterreihen in mal hellerem, mal dunklerem, aber meist braunem Mauerwerk. Stadtbildaufwertung: selten. Neue Hotels sprechen eher eine zweckmäßige Architektursprache – vielleicht auch zum Zweck, draußen den Eindruck zu vermitteln, der drinnen von der Kundschaft geschätzt wird: gut zum Einschlafen.

„Vor allem Geschäftsreisende interessiert die Individualität eines Hotels kaum. Sie schätzen Ketten-Hotels, weil sie an jedem Standort in der Regel sicher sein können: Das Zimmer ist sauber, das Frühstück stimmt, es gibt ein vernünftiges Bett und das WLAN ist schnell“, schmunzelt Tobias Ehlen, Professor am Fachbereich Touristik/Verkehrswesen der Hochschule Worms. „Wer interessiert sich denn heute noch für einen Kleiderschrank im Hotelzimmer?“

Beherbergungsbau nicht nur in Ballungszentren

Solche meist kleiderschranklosen Bauwerke entstanden vor allem in den vergangenen fünf Jahren und vor allem da, wo einst etwa der Güterbahnhof verfiel oder das Warenhaus war, also Konversionsgelände neu bebaut werden sollten. „Neun Hotel-Neueröffnungen in Augsburg“, „Bettenzahl in Ravensburg hat sich verdoppelt“, „Betten-Boom in Bochum!“ titelten regionale Tages- und Internetzeitungen. Und sie werden es weiterhin tun: 135 Hotels mit 20.000 Zimmern sollen allein dieses Jahr hierzulande eröffnet werden, wie die Gastgewerbeberatung Treugast schätzt.

Der Beherbergungsbau beschränkt sich nicht nur auf Ballungszentren: „In Metropolen und vielen Großstädten, den sogenannten ‚A- oder B-Lagen‘, ist der Markt weitgehend gesättigt“, schildert Ehlen. Der Markt sei vor Corona teilweise schon überhitzt gewesen. Nun suchten Hotel-Ketten Projektmöglichkeiten auch in mittelgroßen Städten.

Der Bedarf ist da: Stetig stieg in den vergangenen 20 Jahren bis zur Pandemie der Bettenbedarf in Deutschland von 340 Millionen auf nahezu 500 Millionen Übernachtungen. Auch jetzt, nach Lock-Down und Corona, sehen die Zahlen des Statistischen Bundesamts fast so aus, als wäre nie ein Virus über die Branche hereingebrochen.

Städte bauen auf Hotels

Kurvendiagramme, die von links unten nach rechts oben zeigen wie das der Entwicklung von Übernachtungszahlen, entfalten eine anziehende Wirkung auf Finanzleute, die nicht wissen wohin mit ihrem Geld, um es zu vermehren. Das Immobiliendienstleistungs- und Investment-Unternehmen CBRE sieht Renditen für deutsche Hotels mit Pachtverträgen bei mehr als 5 Prozent. Das scheint ein rettender Hafen beispielsweise für Pensionskassen, die in anderen Anlageformen etwa während der langwierigen Niedrigzinsphase kaum das Kapital ihrer Einzahler zu vermehren vermochten.

„Hotelimmobilien sind für Investoren eine sehr interessante Assetklasse. Sie profitieren von attraktiven Renditen, Inflationsabsicherung, geringen Nebenkosten und einem positiven Ausblick auf den Reise- und Tourismusmarkt“, zitiert die Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung beispielsweise Tobias Gollnest. Er plant und steuert Entwicklung und Wachstum der „B&B Hotels“ in Zentral- und Nordeuropa und ist einer der Redner auf dem „Deutschen Hotelkongress 2025“ in Mainz.

Einchecken in mittelgroßen Städten

Hier eröffnete „B&B“ 2009 auch ein Haus. Andere folgten: „Me and all”, „The niu”, „Super 8” und „H2”. Bis zuletzt eröffnete in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz mit 222.000 Einwohnern fast jedes Jahr ein neues Haus einer Hotelkette. Sie stellten insgesamt 1.000 Betten auf. 190 weitere Hotelbetten sollen in der Innenstadt auf dem ehemaligen Karstadt-Gelände ein Zuhause finden. Bei der Eröffnung des letzten Neuzugangs vor einem Jahr sagte die Mainzer Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (SPD): „Unsere Stadt verzeichnet jedes Jahr steigende Gästezahlen. Dafür brauchen wir Hotels.“

„Wir brauchen Wohnungen!“ heißt es hingegen von Sozialverbänden, aus der Politik oder von schlicht denen, die bei Wohnungsbesichtigungsterminen wieder mal die Träume vom baldigen Tapetenwechsel frustriert begraben müssen. Warum stehen in Mainz wie in vielen anderen Städten die eigenen Einwohner auf der Straße, während Reisende billig einchecken? Im Sozialen Wohnungsbau gelten 45 Quadratmeter als Mindestgröße einer Mietwohnung; das Hotelzimmer hat im Schnitt 10 Quadratmeter: Gemessen allein an den Eröffnungen von neuen Hotelzimmern und -appartements hätten so in Mainz rein rechnerisch 250 Wohnungen entstehen können.

Wieder muht die Cash-Kuh: Immobilienfachleute sehen Mietrenditen derzeit bei durchschnittlich 3,5 Prozent. Zur Erinnerung: Die Hotelrendite verspricht 5. Und während Mieterinnen und Mieter nicht mehr Miete zahlen, weil sie eine Gehaltserhöhung bekommen haben, können Hotels durchaus zu Zeiten, an denen die Nachfrage wegen Messen oder Festen steigt, höhere Preise als sonst verlangen.

Kommunen: Risiko für mehr Profit

Die Branche kennt noch weitere Anreize für Investoren: Um Risiken zu verringern, setzt sie auf Betreiberverträge anstatt auf eigene Immobilien. Oder die Immobilienentwickler mieten das Hotel zu einer festen Pacht zurück und betreiben es weiter. Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten schaffen weitere Gewinnpotenziale.

Die wecken auch immer öfter das Interesse von Kleinanlegern, weiß ARD-Börsenjournalistin Antje Erhard: „Seit ein paar Jahren steigt die Nachfrage. Denn öfter werden Hotels in Teileigentum aufgespalten, so dass sich Investoren auch mit kleinerem Budget hier beteiligen können.“

Bequem scheint die Bettenburgrendite auch: „Investoren müssen sich nicht um Vermietung, Nachmietung, Instandhaltung kümmern. Manche Objekte bieten Mietausfallabsicherungen, so dass bei Leerstand nicht sofort ein Mietausfall droht, zumindest für eine bestimmte Zeit nicht“, schildert Erhard – nicht ohne auf Risiken hinzuweisen: „Reisetrends können sich ändern. Es gibt durch Homeoffice und Videokonferenzen weniger Geschäftsreisende. Außerdem haben vor allem kleine Anleger keinen Einfluss auf die Mikrolage, sprich: das Umfeld des Hotels, auf das Management und seine Qualitäten und auf die Marke beziehungsweise die Markenbekanntheit des Betreibers sowie dessen Finanzstärke.“

Hotels und Wohnungen: Geht beides?

Das Insolvenzrisiko dürfe man nicht unterschätzen, warnt Erhard noch, und gerade das kann für Städte ein Problem bedeuten: Leerstehende Hotelbauten mit Bädern in jedem Zimmer lassen sich nur schwer umwidmen.

„Ein Hotelangebot ist wichtig für eine Stadt, die als Tagungsort Akzeptanz finden will, und ein umfangreiches touristisches Angebot ist wenig wert ohne Übernachtungsmöglichkeiten in der Nähe“, erklärt Tourismus-Fachmann Ehlen und erzählt von der Situation in Worms, 50 Kilometer südlich von Mainz, Sitz seiner Hochschule und ein Beispiel für viele mittelgroße Städte in Deutschland: Das Tagungszentrum „Das Wormser“ könnte von Größe und Ausstattung attraktiv für Messen und Konferenzen sein. „Die Auswahl an geeigneten Unterkünften ist aber viel zu gering, als dass es für größere Tagungen attraktiv sein könnte.“ Doch genau diese Besuche würden für mehr Geld in der Stadtkasse und für die regionale Wirtschaft sorgen.

„Für das seit vielen Jahren angestrebte Hotel in direkter Nachbarschaft zum innerstädtischen Tagungszentrum konnte bisher keine Lösung gefunden werden“, schildert Angela Zimmermann, Sprecherin der Stadt Worms. An zwei Stellen im Stadtgebiet aber gebe es Interessenten für Hotelneubauten: „Die wären insbesondere aus touristischer Sicht sehr zu begrüßen, denn der Tourismus ist inzwischen einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren der Stadt.“

Der Bedarf an Hotelansiedlungen müsse dabei laut Zimmermann nicht unbedingt Konkurrenz zum Wohnungsbau bedeuten: „Ein Investor möchte sogar beides miteinander verbinden, indem er ein geplantes großes Wohnquartier um einen Hotelneubau ergänzen möchte.“

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Letzte Aktualisierung: 31.3.2025

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